HEINRICH KNÖFLER SEN., 1824-1886, UND SEINE SÖHNE HEINRICH UND RUDOLF ?-1913, DIE ERNEUERER DES FARBHOLZSCHNITTES.

Einleitung

Im Jahr 2016 ist eine hervorragende Publikation zum Farbholzschnitt erschienen: „Art for All“, herausgegeben von Thobias G. Natter, Max Hollein und Klaus Albrecht Schröder im Verlag Taschen Gmbh, Köln. Der Untertitel: Der Farbholzschnitt in Wien um 1900. Erhebt sich die Frage, wer war vorher??? Im Kapitel „Die Wiener Seccesion“ geht Tobias G. Natter kurz auf die Geschichte des Farbholzschnittes ein, Knöfler wird nicht erwähnt. Verständlich, die Technik des Farbholzschnittes bei der Familie Knöfler wird nur erklärt in der Zeitschrift der „ Holzschnitt, Nr. 8, März 1926. Ich dürfte das einzige Exemplar haben!!!   

Ein wenig Geschichte: Bereits bei dem Bildnis „Baumgärtners“ und dem „Tod als Würger“ verzichtete Hans Burgmair (Burgkmair d. Ältere, Augsburg 1473-1531, Maler und Holzschneider, beeinflusst von Schongauer) schon auf die Schwarzplatte und druckt von drei Farbplatten. Auch Hans Baldung Grien (1484 od. 1485-1545, Maler, Kupferstecher, zur Zeit Albrecht Dürers) hat in seiner „Hexenküche“ ein köstliches Blatt in Hell-Dunkelschnitt geschaffen. Später hat sich dann der Farbenholzschnitt in Italien zu einer beachtenswerten Kunst entwickelt, während wir in Deutschland und Österreich wenig mehr davon hören. Jean Christphe Leblond druckte 1722  geschabte Platten übereinander. Erst Friedrich Wilhelm Gubitz (1786-1870) hat sich in Deutschland wieder mit dem Farbenholzschnitt befasst, ohne aber denselben richtig auszuwerten.

Familie Knöfler

So standen die Dinge im Farbenholzschnitt um die Mitte von 1800, als in Schmölln in Sachsen-Altenburg am 18. April 1824 geborene Tischlergeselle Heinrich Knöfler auf seiner Wanderschaft nach Wien kam. Mit einer glühenden Sehnsucht zur Malerei im Herzen musste der junge Knöfler das Tischlerhandwerk lernen. Aber er hat die Zeit, in der er ein tüchtiger, fleißiger Tischler war, immer in den Freistunden zum Zeichnen verwendet. Ein Dosenmaler aus der Porzellanmanufaktur zu Meißen gab ihm den ersten Malunterricht und in Wien machte er durch Zufall die Bekanntschaft des Akademieprofessors Anton von Perger (1809-1876) in Wien . Bald erkannte dieser, dass hinter dem Wollen des Knöflers auch die Begabung steckte und verschaffte ihm Gelegenheit zu weiterer Ausbildung als Abendgastschüler an der Akademie. Der damals im Aufstreben begriffene Holzschnitt zog viele Kunstbeflissene in seinen Bann und bald wandte sich auch Heinrich Knöfler auf Anraten von Anton von Perger demselben zu. Heinrich d. Ä., verdankte Perger die Aufnahme in die Xylographische Anstalt (Friedrich Wilhelm) Bader (gegründet 1855 mit Rudolf Schürrer von Waldheim 1832-1890, Knöfler war der erste Schüler!), wo sich Knöfler nur einige kurze Wochen zur Erlernung der technischen Griffe des Holzschnitt aufhielt. Dann versuchte er sich allein weiterzubilden, unter unsäglicher Not, sein karges Brot durch Porträtmalen verdienend. Nach nur neunmonatlicher Ausbildung finden wir Knöfler schon an dem Werke „Der Dom zu St. Stephan“ seine Stichelkunst zeigen, und zwar in einer Weise, die ihm die Achtung des Direktors der Staatsdruckerei, Alois Auer (von Welsbach 1813-1869, Fh Hietzing), verschaffte, der Knöfler hoch schätzte. Aber der Maler in Knöfler war so stark, dass er sich bald mit dem ersten Versuchen im Farbholzschnitt beschäftigte. Die Andrucke machte er in der heute noch üblichen Weise mit dem Falzbein. Verhältnismäßig rasch fand Knöfler einen Verleger und bald erschienen in der Zeitschrift „Der Feierabend“ die ersten Farbholzschnitte von seiner Hand. Knöfler hatte nun bereits sein eigenes Atelier und beschäftigte einige Gehilfen. Als Knöfler für einen anderen Verleger, Heinrich Reiß, die Farbenholzschnitte für ein Missiale schuf, stand er mit seiner Kunst bereits derart auf der Höhe, daß das Rei`ße Missiale dadurch eine dauernde Berühmtheit erreichte.

Aber auch die Fehlschläge blieben Knöfler nicht erspart. Die mit seinem Gehilfen Paar in Aussicht genommene Vereinigung zerschlug sich, Paar führte, selbständig geworden, die Reiß`en Arbeiten weiter und Knöfler mußte sich Arbeit aus München und Regensburg heranziehen. Knöfler wandte sich fast ausschließlich dem religiösen Bilde zu und stellte zu Ender der Sechziger Jahre eine eigene Buchdruckhandpresse auf und übernahm den Druck seiner Arbeiten selbst. Die Zahl der Handpressen vermehrte sich und auf der Weltausstellung 1873und später in London und wider in Wien wurden seine Arbeiten mit den höchsten Auszeichnungen belohnt. Mit Welcher Hingebung sich Knöfler dem Holzschnitt widmete, geht daraus hervor, Dass er bei dem Miniaturbilde des Erzbischofs Kutschker die Nächte zu Hilfe nahm und bei der Überaus feinen Arbeit Erblindete. Ein grauenhaftes Geschick! Über alles Erwarten aber gelang es ärztlicher Kunst nach halbjährigem Hangen und Bangen ihm das Augenlicht wieder zurückzugeben. Nur wenige Jahre waren ihm noch beschieden und 1886 starb Knöfler in (B)Mauer bei Wien. die beiden Söhne Heinrich und Rudolf hatten das väterliche Geschäft schon 1885 übernommen und führten den Farbenholzschnitt zu einer nie geahnten Vollendung.

Bald fanden die Brüder Kofler den Verleger und Julius Schmidt (Inh. Rud. Dreßler), welcher 1888 in Florenz gegründet wurde und sich heute in München, Kaulbachstraße 51 befindet. So ist es uns auch verständlich, dass die vielen Knöfler´ischen Farbenholzschnitte meist italienische Galerieproduktionen alter und neuer Meister sind. Der rührige Verleger hat für die Verbreitung der Knöfler´ ischen Farbenholzschnitte gesorgt und speziell der jetzige     Inhaber der Firma, Julius Schmidt, Herr Dreßler, verstand es, die wunderbaren Blätter in alle Welt zu tragen und damit nicht nur den Knöfler`ischen Arbeiten sondern auch seinem Geschäft einen Weltruhm zu schaffen. So war es kein Wunder, wenn die Brüder Knöfler mit Anerkennungen überschüttet und die Farbenholzschnitte auf den Weltausstellungen in London, Paris, Wien, Leipzig, die höchsten Auszeichnungen erhielten. Welches der zahlreichen Blätter – allein im Schmidt`schen Kunstverlag sind 138 Nummern erhältlich – wir auch zur Hand nehmen, jedes offenbart uns neue Reize. Vor allem ist es die Wiedergabe der Madonna della Sedia von Raffael, welche den ganzen Zauber dieses Bildes in Form und Farbe uns überbringt. Bei der Madonna von Barabino ist es wieder der Blumenrahmen, der den Holzschneider in Staunen setzt. Man möchte bei jedem Blatt in Bewunderung ausbrechen. Bald ist es die für den Holzschnitt fast unglaubliche Weichheit, bald wieder die wunderbare Stimmung der Farbe. Eines aber ist allen Blättern eigen, die Festigkeit der Zeichnung, welche diese Farbenschnitte weit über die  Lithographie hebt. Diese Schnitte lassen uns wirklich vergessen, dass das spröde Holz das Material dafür war.

Wohl nicht nur den Holzschneider, sondern auch die zahlreichen Freunde des Holzschnitts dürfte die Art und Weise der Entstehung dieser Farbenholzschnitte interessieren. Wie bereits eben angedeutet, stellten die Brüder Heinrich und Rudolf Knöfler in der Hauptsache Reproduktionen der Galerien zu Floren her. Es war natürlich ausgeschlossen, die Werke der bedeutensten Meister der Malerei nach Wien zu bekommen. Deshalb wurden gute Kopien der Wiederzugebenden Werke in Aquarell oder Öl angefertigt (Florenz ist heute das Paradies der Kopisten [März 1926]), außerdem gute Photographien nach dem Originalwerk. Letztere dienten als Vorlage für die Konturzeichnung, erstere für die Farbenwiedergabe.  Die Photographie wurde erst auf die für den Holzschnitt bestimmte Größe gebracht, dann wurde nach der Photographie eine Pause hergestellt und dann die Holzzeichnung angefertigt. War die Konturplatte geschnitten, so erfolgte der Umdruck auf soviele Stöcke, als die Farben benötigt wurden. Die Überlegung, wieviele Farben für die Wiedergabe des Originals benötigt wurden, stelle ungeheure Anforderungen an den Farbensinn. Es war nicht damit getan, die Zahl der Farben ins Ungemessene zu steigern, denn mit jeder weiteren Farbe wuchs später die Schwierigkeit, sowohl durch Moireebildung als beim Druck durch das Passen. Die Zahl der Farben bei den Farbenholzschnitten der Brüder Knöfler schwankt zwischen 8 bis 16(!).War Wahl und Zahl der Farben getroffen, so wurden auf den einzelnen Stöcken die Farben angegeben bzw. die Tonwerte mit dem Pinsel eingestuft. Eine besondere Findigkeit verlangte auch das Aufteilen der Strichlagen, die bei jeder Farbe andere sein mußten, um, wie bereits erwähnt, das sogenannte Moiree zu verhüten. Waren nun sämtliche Schnitte fertig, so begann der Druck. Besonders bemerkenswert ist, dass die Knöfler stets ihre eigenen Drucker waren. Während Knöfler Vater nur auf der  Buchdruckerhandpresse druckte, verwandten die Söhne mit bestem Erfolg die Tiegeldruckpresse, ja entgegen aller anfänglichen Buchdruckerbedenken die Schnellpresse. Einige Jahre vor dem Kriege befassten sich dann die Brüder Knöfler mit dem fünf- und vierfarbigen Holzschnitt, auch hier gelang die farbengetreue Wiedergabe der Originale einwandfrei. Im Jahre 1913 verstarb dann der jüngere Bruder, Rudolf Knöfler, und der überlebende Bruder Heinrich legte seine letzte Presse 1916 still. Die späteren Auflagen für den Verlag Julius Schmidt, wurden, und zwar die große Madonna della Sedia bei Reißer in Wien, und viele andere bei dem Kartographischen Institut in Wien gedruckt, unter der Leitung des Herrn Heinrich Knöfler. Immer aber wird der Farbenholzschnitt der Knöfler, Vater und Söhne, eines der schönsten Ruhmesblätter in der bewegten Geschichte des Holzschnittes bleiben.

In der farbigen Beilage, der Miniaturproduktion der Madonna della Melagrana von Botticelli, die uns der Kunstverlag Julius Schmidt in entgegenkommender Weise zur Verfügung stellte, können wir eine Probe der Knöfler`ischen Farbenholzschnitte unseren Lesern nahabringen und gleichzeitig durch den Abdruck der 11 einzelnen Farbplatten dieser Arbeit praktisch demonstrieren. Die Wiedergabe der Tonplatten in den wirklichen Farben ist uns leider der hohen Kosten halber nicht möglich, aber durch die farbige Beilage kann sich der Holzschneider immerhin ein leidliches Bild der Arbeit machen. Die Druckstöcke der Einzelfarben verdanken wir der Güte des noch in Wien lebenden Künstlers, Herrn Heinrich Knöfler, und des Kunstverlages Julius Schmidt, dem sämtliche Druckstöcke gehören.

Von der fabelhaften Erfahrung und Sicherheit der Brüder Knöfler können wie uns erst ein Bild machen, wenn wir erfahren, dass nur von ausnahmsweise großen Werken ein Andruck gemacht wurde, von den weitaus meisten Arbeiten dagegen wurde sofort mit der Auflage begonnen, oft sogar wurden die ersten Farben schon gedruckt, wenn die letzten Schnitte noch in Arbeit waren. Die Reihenfolge der Farben im Druck waren fast stets dieselbe: Gold, Kontur, Braun, 1. Grau, Rosa, 1, Blau, Gelb, Carmin, 2. Blau, Fleischton, 2. Grau. Wenn es die Vorlage erforderte, mussten natürlich noch weitere Farben eingeschaltet werden, da die Zahl der Farben ja oft auf 16 stieg. Zeichnung, Schnitt und der Duck erfolgte ausschließlich durch die beiden Brüder Knöfler, nur im Druck ließen sie sich durch besonders gelernte Drucker unterstützen. (Text aus: Der Holzschnitt, Nr. 8, März 1926)

Biographie

Heinrich Knöfler sen., * 18. 4. 1824 in Schmölln (Altenburg), 31. 7. 1886 in Mauer bei Wien, 31.7.1886, best. Fh. Mauer 6/3/18; (Nachruf in der ÖSTERREICHISCH-UNGARISCHE Buchdrucker – Zeitung 5.8.1886) und seine Söhne dt. Porzellanmaler, Maler und Holzschneider. K. erlernte in Meißen die Porzellanmalerei, wandte sich in Wien ganz der Malerei und der Holzschneidekunst zu. Er gründete dort 1868 eine eigene Druckerei, aus der mehrfarbige Holzstiche hervorgingen, die zu seiner Zeit große Beachtung gefunden haben.(Vier Söhne, zwei haben sich der Kunst, die beiden anderen Den Handels und Militärstand gewidmet.)

Sohn Rudolf starb 1913. Heinrich Knöfler jun., geb. 1886, verh. 14.9.1889 mit Fräulein Lidwina Wallner in der Schloßkirche zu Gloggnitz??? (Keine weiteren Daten).

Die Knöflers verwendeten elf  Holzstöcke für einen Druck!!! Die Reihenfolge der Farben im Druck waren fast stets dieselbe: Gold, Kontur, Braun, 1. Grau, Rosa, 1, Blau, Gelb, Carmin, 2. Blau, Fleischton, 2. Grau. Wenn es die Vorlage erforderte, mussten natürlich noch weitere Farben eingeschaltet werden, da die Zahl der Farben ja oft auf 16 stieg. Zeichnung, Schnitt und der Duck erfolgte ausschließlich durch die beiden Brüder Knöfler, nur im Druck ließen sie sich durch besonders gelernte Drucker unterstützen. (Text aus: Der Holzschnitt, Nr. 8, März 1926)

Das Ergebnis im Druck

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Fra. Angelico, Brithish Museum, Heinrich Knöfler, Farbholzstich.

Erstellt von Peter Rath © im April 2022