Stefan Zweig, Ottilie Demelius geborene Vogel und vor allem: Margarethe Demelius.

Altes und Neues

Vorwort:

Vieles Folgende ist bekannt, genaue Zitate sind aber rar. Darum nun Details zu den Begegnungen. Dokumentiert auch durch Prof. Hermine Cloeter (1879-1970), eine unterschätzte Schriftstellerin aus Wien. Der Text ihrer Todesnachricht gibt Auskunft über ihre Persönlichkeit: Schriftstellerin, Ehrenbürgerin der Marktgemeinde Weißenkirchen i. d. Wachau, Inhaberin des Ebner-Eschenbach-Preises, der Ehrenmünze der Stadt Wien, der Mozart-Medaille, des Österreichischen Ehrenkreuzes für Wissenschaft und Kunst, der Silbernen Medaille der Stadt Wien, Ehrenmitglied der Mozartgemeinde, Vorstandsmitglied des Wiener Goethe-Vereins, der Grillparzergemeinschaft, Stifter und Ehrenmitglied des Mariahilfer Heimatmuseums. Zuzufügen ist: 1954 Berufstitel Professor, 1976 Benennung der Hermine-Cloeter-Gasse in Hadersdorf in Wien-Penzing, 1987 Enthüllung einer Gedenktafel an ihrem ehemaligen Wohnhaus in Wien-Wieden, Schaumburgergasse 6.       

 

Folgendes aus dem Buch: Stefan Zweig: Die Welt von Gestern, Fischer TB 1973, ISBN 3 436 01 303 X, ab Seite 125.

Kochgasse 8.

… Über mir wohnte in ebenso bescheidener Wohnung ein „grauhaariges, älteres Fräulein, ihrem Beruf nach Klavierlehrerin“; eines Tages sprach sie mich in nettester Weise auf der Stiege an, es bedrücke sie eigentlich, dass ich bei meiner Arbeit unfreiwilliger Zuhörer ihrer Lehrstunden sein müsse, und sie hoffe, ich werde durch die unvollkommene Künste ihrer Schülerinnen nicht allzu sehr gestört. 

Im Gespräch ergab sich dann, dass ihre Mutter bei ihr wohnte und halb blind das Zimmer kaum mehr verließ, und dass diese achtzig jährige Frau niemand geringer war als die Tochter von Goethes Leibarzt Dr. Vogel und 1830 von Ottilie von Goethe in persönlicher Gegenwart Goethes aus der Taufe gehoben. ….

Ich bat um Verstattung, Frau Demelius besuchen zu dürfen, gerne und gütig wurde ich von der alten Dame empfangen, und in ihrer Stube fand ich mancherlei vom Hausrat des Unsterblichen wieder, das von Goethes Enkelin, ihrer Kinderfreundin, ihr geschenkt worden war: Das Leuchterpaar, das auf Goethes Tisch gestanden, und ähnliche Wahrzeichen des Hauses auf dem Weimarer Frauenplan.

Stefan Zweig spricht von einem „grauhaarigen, älteren Fräulein, ihrem Beruf nach Klavierlehrerin“, vermutlich ohne ihren Vornamen zu wissen. Es ist natürlich klar, dass es sich um Margarethe Demelius handelt. Sie wurde in Krakau am 4.4.1862 geboren, und ist am 26.5.1952 in Wien gestorben. Sie liegt gemeinsam mit ihren Vater, Hofrat Dr. Gustav Demelius am Matzleinsdorfer Friedhof begraben A-23, 94. Das Grab ist abgelaufen am 18.4.1990.

Zu Gustav Demelius: * Allstedt/Thüringen am 31.3.1831, gestorben in Wien am 7.11.1891, evang. AB, Dr. jur. (Jena 18.4.1855), hab. Prag 1857, k.k. Hofrat (Titel und Charakter 1881), Univ. Prof. (1856 Priv. Doz. f. Röm. Recht in Prag), Univ. Prof. i. Krakau 1857, dann 39 Semester in Graz, später Dekan, 1875/76 Rektor, dann Wien 1881 Mitglied der Burschenschaft Germania.      

Gattin: Ottilie Vogel, verh. Demelius, 1830-1923,

Tochter Margarethe geb. Krakau 4.4.1862, gest. Wien 26.5.1952, Pianistin.

Die aus Krakau stammende Künstlerin „veranstaltet als Pianistin eigene Concerte und Kammermusikabende, wirkt auch bei auswärtigen Concerten mit, ertheilt Clavierunterricht und ertheilt Curse für Kammermusikstudium“ (Kosel, Deutsch-österreichisches Künstler- und Schriftsteller-Lexikon, zit. n. DBA I 228, 321). N° de ref. del artículo 18282.

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Margarethe Demelius 1862-1913:

Margarethe Demelius ist in viele Fällen gut dokumentiert, wie nachfolgend bei der Biographie der Violoncellistin Josefine Donat (1867- ca. 1913):

1896 musizierte Josefine Donat in Wien mit der Pianistin Margarethe Demelius und dem Brünner Konzertmeister J. Koreff das Klaviertrio c-Moll op. 66 von Mendelssohn.  

1907-04-07-Neues Wiener Tagblatt (Tages-Ausgabe), Nr. 94 vom 07. 4pril 1907, Seite 9

* (Volkskonzert.) Heute. 7 Uhr abends, findet im Saale des Niederösterreichischen Gewerbevereines, 1. Bezirk, Eschenbachgasse Nr. 11 ein Violinkonzert der Vereinigung zur Verbreitung musikalischer Volksbildung statt. Es wirken mit: Triovereinigung der Damen Margarete Demelius, Mizzi Schlesinger und Josefine Donat; Klara Nigrin, Viola, und Franziska Jelska (Rußland), Gesang. Karten a 30 H. bei Kehlendorfer und an der Abendkasse.

1907-03-24-Neues Wiener Journal, Nr. 4821 vom 24. März 1907, Seite 39

Tagesneuigkeiten. (Volkskonzert mit Rezitation.) Die Sektion Ottakring des Wiener Volksbildungsvereines veranstaltet heute (Sonntag) nachmittags 3 Uhr im Saale des Verbandsheimes, Vl., Königseggasse 10, ein großes Volkskonzert mit Rezitation, wozu sie ihre Mitwirkung zugesagt haben: Der Gesangverein der österreichischen Eisenbahnbeamten unter Leitung des Herrn Chormeisters Edmund Reim; die Triovereinigung der Damen Margarete Demelius, Mizzi Schlesinger und Josefine Donat; Konzertsänger Herr Leonhard Wilflinger; Schauspieler Herr Arnold Kirsch und das lyrische Quartett Nowotny. Karten samt Programm und Garderobe zu 50 und 30 Heller bei den Portieren des Verbandsheimes, in der Volksbibliothek und Lesehalle des Vereines, XVI., Koflerpark 7 (Volksheim).

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[Zu Mizzi Schlesinger: Exlibris Datenbank von HR Dr. Karl F. Stock:

ID 142881, P1: Künstlerin: Schlesinger, Mizzi, *18?? (A): +19?? (A)    
Graphikerin, Lithographin (L1), tätig in Wien, Exlibrisnachweis um 1901-1906. – Erwähnung in: Exlibris: Zeitschrift für Bücherzeichen, Bibliothekskunde … 12. 1902, S. 30; 13. 1903, S. 85; 15. 1905, S. 31; Publikation / Österreichische Ex Libris-Gesellschaft 2. 1904, S. 72 [Exlibris Leonie Hock]; 4. 1906, S. 33-56; Leiningen-Westerburg, K. E. zu: Deutsche u. österr. Bibliothekszeichen, Exlibris. Stuttgart, 1901, S. 481 [EL Leonie Hock, 1901]; Zeitschrift für Bücherfreunde 9. 1905/06, Bd. 2, S. 497-501 [Illustr. bis S. 506]; Kellner, S.: Ex libris und Gelegenheitsgraphik. Budapest, 1921, S. 150 [EL Caroline von Gomperz-Bettelheim]; Witte, K.: Monogrammlexikon, II. 1993, S. 273; Schutt-Kehm, E.: Exlibris-Katalog des Gutenberg-Museums. Wiesbaden. T. 2. 2003, L-Z, S. 380, 386.]

In anderer Besetzung bildete Josefine Donat 1900 mit der Pianistin Margarethe Eussert und der Violinistin Margarethe Baginsky, wiederum in Berlin, „a new Ladies’ Trio“ (The Monthly Musical Record 1900, S. 281). Ein weiteres Berliner Konzert gab die Cellistin am 18. Okt. 1900 mit Margarethe Demelius, ebenfalls mit positivem Echo: „Die Damen spielten, und zwar technisch und musikalisch, so sicher, so fertig, dass es eine Freude war, ihnen zuzuhören“ (Neue musikalische Presse 1900, S. 322). Seit 1900 hatte Josephine Donat ihren Wohnsitz in Wien, wo sie alljährlich ein Konzert gab. „Neben ihrer Tätigkeit als Solistin erteilt Frl. Donat Unterricht und widmet sich hauptsächlich der Pflege der Kammermusik“ (Violoncellisten der Gegenwart, S. 4 .

Um Margarethe Demelius genau zu identifizieren, kann man auf Hermine Cloeter zurückgreifen. In ihrem Büchlein: „Geist und Geister aus dem alten Wien“ (© 1922 by Kunstverlag Anton Schroll & Co., G. m. b. H. in Wien.),  findet sich ihre Begegnung mit Ottilie Demelius. Im Kapitel “Ein Abend mit Goethe:“

…In ihrem traulichen Heim im Wiener Quartier latin zunächst der Universität lebt in bewegter Stille hochbetagt die Tochter Dr. Karl Vogels. Das aber war kein anderer als Goethes letzter Arzt. Als Leibarzt des Herzogs Karl August 1824 nach Weimar berufen. … die jüngste in Weimar geborene Tochter wurde von des Dichters Schwiegertochter aus der Taufe gehoben. Nach ihr trägt sie den Namen Ottilie. …  

… Sie hat damals auch Kompositionen von Walter v. Goethe gespielt, meint jedoch treuherzig dazu; „Aber heute, wenn meine Grete sie spielt, gefallen sie mir besser.“

Postkarte von Hermine Cloeter an Margarethe Demelius, Wien VIII., Kochgasse 8,  abgestempelt 8.11916.

Liebes Fräulein, ich bedaure herzlich die Erkrankung ihrer werten Freundin…

Postkarte von Hermine Cloeter an Dr. Christa Demelius, Wien XIII., Wattmanngasse 75.

Demelius 2. Linie (Österreichische Linie)

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Genealogie erstellt im Jahre  2000 von Peter Sator † und Peter Rath.

Artikel fertig gestellt 2021 von Peter Rath ©, mit Informationen aus den Datenbanken von Dr. Ursula Müksch Wien und HR Dr. Karl F. Stock, Graz; Wien.